Die Chronik der Ortsfeuerwehr Quarrendorf


1912 scheiterten die deutsch-britischen Abrüstungsverhandlungen, begann der erste Balkankrieg, sank im Atlantik die “Titanic”, gründeten 39 Männer die Freiwillige Feuerwehr Quarrendorf.

 

Dies ist die Geschichte seit 1912, wie sie in den Protokollbüchern auf allmählich vergilbenden Seiten aufgeschrieben wurde. Was drin steht? Keine Riesen-Katastrophen, nichts was die Welt bewegt hätte. Aber es ist ein schönes Stück Dorfgeschichte, das die Feuerwehr geschrieben hat. Eine Geschichte voller Leben. Dorfleben!

 

Die Geburtsstunde der Quarrendorfen Wehr schlug am 13. Mai 1912. Im Gründungsprotokoll jenes Tages heißt es: Unterzeichnende verpflichten sich grundsätzlich nach erfolgter Kenntnisnahme der Statuten in den Dienst der Freiwilligen Feuerwehren stellen zu wollen. Es folgten de 39 Namen der Gründungsmitglieder. An jenem Tag vor 75 Jahren wurden auch gleich das Kommando der Truppe gewählt: August Böhring wurde Brandmeister oder Hauptmann, wie es damals hieß. Dieses Amt sollte er bis zum erreichen der Altersgrenze im Jahre 1934 behalten. Weitere Mitglieder des ersten Quarrendorfer Kommandos: Wilhelm Pohlmann als Vize-Hauptmann, August Dohrmann als erster Zugführer, Wilhelm Baden als Zweiter Zugführer.

 

Die Satzung der Wehr trägt das Datum vom 12. Juni 1912. Im Paragraphen 1 wird der Zweck der Freiwilligen Feuerwehr so erläutert:

 

“Die Freiwilligen Feuerwehr ist ein Verein gesunder und kräftiger Männer, welche die Ehrenpflicht übernommen haben, sich durch regelmäßige Übungen bei militärischer Disziplin die Gewandtheit, den Mut und die Ruhe anzueignen, die nötig sind, um bei Feuergefahr möglichst rasch und in zweckmäßiger Weise Hilfe leisten zu können...”

 

Die erste Dienstversammlung der Quarrendorfer Wehr, zu der 33 Kameraden erschienen, war am 20. August 1912. Zwei Monate später, am 13. Oktober 1912 legte die Versammlung fest, bei welchen Vergehen Strafen fällig waren. Wer länger als eine Stunde nach dem Dienst noch in Uniform war, zahlte 50 Pfennig, beim zweiten mal eine Mark. Wer der Übung fern blieb, zahlte die gleichen Beiträge. Zehn Pfennig kostete das Sprechen nach dem Antreten, 50 Pfennige das unerlaubte Rauchen.

 

Und feiern konnten die Quarrendorfer Kammeraden damals wie heute. Der erste Feuerwehrball stieg am 24. November 1912. Aber mit dem Feiern war es bald zu Ende. 1914 begann der Erste Weltkrieg. Neun Feuerwehrmänner aus Quarrender fielen an der Front. Die alten Versammlungsprotokolle geben darüber Auskunft.

 

Mit schwarzer Tinte und in Deutscher Schrift hat der damalige Schriftführer Wilhelm Baden die Ereignisse und Beschlüsse festgehalten. So erwähnte er ein Schadensfeuer im Juli 1914 in Brackel sowie einen Brand im Dorf am 31. Oktober 1920 als um 18:30 alarmiert wurde. Zehn Minuten später, so die Niederschrift, war die Quarrendorfer Wehr mir ihrer Handspritze zur Stelle. Die Wehren Brackel und Hanstedt kamen angerückt. Marxen und Asendorf folgten. “Die Ausrüstung sämtlicher Wehren sind unversehrt zurückgebracht”, heißt es im Protokollbuch, das zugleich unfreiwillig die Ereignisse der Zeitgeschichte festhält.

 

So wurde in der Korbsversammlung an 14. Oktober 1923 wie üblich die Beiträge und Strafgelder kassiert. 66 Millionen Mark Beiträge und 20 Millionen Mark Strafgeld kamen zusammen! Es war Inflation. Sechs Monate später hat sich die Lage wieder bereinigt: Die Mitglieder zahlen zwei Marl Jahresbeitrag.

 

In den dreißiger Jahren standen Wachwechsel bei der Quarrendorfer Wehr an. August Böhring trat 1934 aus Altersgründen von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger wurde August Schmidt, seit 1923 schon Vizehauptmann. Aber schon im Juni 1936 gab Schmidt das Kommando aus gesundheitlichen gründen ab. August Matthies, Gründungsmitglied und seit 1912 ununterbrochen Zugführer, leitete jetzt die Wehr.

 

Die Zeit des dritten Reiches fand auch Eingang in die Protokolle. So werden die Korpsversammlungen ab 1935 mit einem “dreifachen Siegheil auf den Führer” beendet. Und ab 1940, der Zweite Weltkrieg hat schon begonnen, heißt es nicht mehr Korpsversammlung sondern Dienstapell.

 

Für die Arbeit der Quarrendorfer Feuerwehr änderte das nichts. Es wurden weiterhin wie gehabt Übungen durchgeführt, Versammlungen abgehalten und im Oktober 1935 feierte man das 25Jährige Bestehen gemeinsam mit den Nachbarwehren Hanstedt, Nindorf, Olsen, Brackel, Marxen und Asendorf.

 

Gut 30 Mann stark war die Wehr in den Jahren nach der Gründung. Einen Einschnitt bei den aktiven Kameraden setzte der Zweite Weltkrieg. Am 22. April 1939 Zählte die Quarrendorfer Wehr 29 Mann. In den darauf folgenden Kriegsjahren waren nie mehr als 18 Aktive registriert. Die übrigen standen an den Fronten.

 

Die Kriegsereignisse machten auch vor Quarrendorf nicht halt. Am 3. August 1943 fielen Bomben auf den Ort, trafen die Häuser Witthöft, Wedemann und Penzlien. Die verbliebenen Männer der Freiwilligen Feuerwehr und der Nachbarwehren retteten was zu retten war. “Die Freiwilligen Feuerwehr wurde durch ihren Einsatz und Tatkraft bei dem Bombenangriff auf unsere Ortschaft mir zwei Kriegsverdienstkreuzen ausgezeichnet”, heißt es in der Chronik vom 25. Oktober 1943. Die Versammlung jenes Tages beschloss, dass die “zwei aktiven Kameraden Witthöft und Wedemann...als Totalbombengeschädigte von sämtlichen Strafen bis auf weiteres befreit” werden.

 

Nach Kriegsende kletterte die Zahl der Aktiven wieder schnell auf gewohnte Höhe. 29 Mann stehen im Oktober 1945 der Wehr zur Verfügung. Ein Jahr später, am 12 Oktober 1946 bekommen die Quarrendorfer einen neuen Brandmeister. Die Wahl fällt einstimmig auf Hermann Penzlien. Dass wieder normale Zeiten angebrochen sind macht auch die Quarrendorfer Feuerwehr deutlich. am 3. November 1946 findet wieder ein öffentlicher Kameradschaftsabend statt, der erste nach dem Kriege.

 

Um die Schlagkraft der Wehr zu erhalten, wurde natürlich auch tüchtig und regelmäßig geübt. Ab 1949 wurde die Feuerwehr zu ihren Übungen mit einem Hornsignal alarmiert, und das jeden ersten Sonnabend im Monat um 20 Uhr. Der Termin fände heute wohl keine rechte Zustimmung mehr.

 

Blättern wir weiter im Protokollbuch der 75 Jahre Quarrendorfer Feuerwehr. 1954 kann Brandmeister Hermann Penzlien stolz vor der Versammlung verkünden, aß eine neue Motorspritze gekauft werden soll. Die Gemeinde hat dafür grünes Licht gegeben. Logisch, dass die Quarrendorfer Blauröcke dafür auch engagiert mitmachten, als ihr Dorf 1958 seine 800JahrFeier ausrichtete.

 

Unmöglich alles aufzuführen, was in den Niederschriften festgehalten ist. Springen wir darum ins Jahr 1962: Brandmeister Hermann Penzlien zog sich von seinem Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Otto Lübberstedt bekam bei der Neuwahl die Mehrheit der Stimmen. Das war im gleichen Jahr, in dem die Quarrendorfer Feuerwehr ihr 50jähriges Bestehen feierte und dafür die Wettkämpfe des damaligen Unterkreises ausrichtete. Bei dieser und ähnlichen Gelegenheiten wurde dem. Publikum die alte Handlöschspritze vorgeführt, die heute noch im Besitz der Quarrendorfer Feuerwehr ist.

 

Natürlich wurde bei der Wehr in Quarrendorf nicht nur gefeiert und geübt. Es gab auch Gelegenheiten, das Gelernte nutzbringend anzuwenden. So rückten die Quarrendorfer zum Beispiel am 18. August 1963 nach Asendorf aus, um dort die Wehren beim Brand auf dem Hof Messing zu unterstützen. Und nur vier Wochen später mussten sie den Wald absuchen, weil ein älterer Herr, ein Pensionsgast, vermisst wurde. Bis Mitternacht suchten die Männer der Wehr vergeblich. Am anderen Morgen um sechs Uhr kam der Vermisste hungrig und müde aber sonst wohlbehalten zurück. Er hatte sich verirrt.

 

Am 13. März 1964 heulte kurz nach Mitternacht wieder die Sirene in Quarrendorf. Einsatzort war Brackel. Auf dem Hof Krüger standen Scheune und Stallungen in Flammen. In der Nacht zum 2. Juni kamen die Quarrendorfer wieder dem Nachbarn Brackel zur Hilfe, um beim Feuer auf dem Hof Nottorf zu löschen und zu bergen.

 

1965 wurde Brandmeister Otto Lübberstedt zum Unterkreisbrandmeister berufen. Der Unterkreis entsprach etwa dem Gebiet, das wir seit der Gemeindereform von 1972 als Samtgemeinde Hanstedt kennen. Lübberstedt legte sein Amt als Ortsbrandmeister nieder. Die Korpsversammlung wählte August Dohrmann zu seinem Nachfolger.

 

Bleiben wir noch einen Moment bei den Personalien. August Dohrmann blieb Brandmeister bis zum Oktober 1975. Dann trat er aus Altersgründen zurück. Hermann Hartig wurde sein Nachfolger. Ein Amt, das er bis heute zur Zufriedenheit seiner Quarrendorfer Kameraden ausübt.

 

In seine Amtszeit fielen Aktivitäten, die von der ganzen Dorfgemeinschaft begeistert aufgenommen wurden. Da wurde zum Beispiel im Sommer 1976 am Toppenstedter Weg ein Grillplatz eingerichtet. Bänke wurden aufgestellt, Mühlsteine als Tische hergerichtet. Daher hat der Platz auch seinen Namen: »MühlsteinEck«. Den einst unansehnlichen Platz hält die Feuerwehr regelmäßig in Schuss. Die Dorfbewohner können hier beisammen sitzen, wann immer sie wollen.

 

Auch an die Kleinen im Dorf hat die Feuerwehr gedacht. Im Herbst 1975 ging zum erstenmal der Laternenumzug der Feuerwehr durch Quarrendorf. Inzwischen ist daraus eine Institution geworden. Der Laternenumzug lockt jedes Jahr Jung und Alt, und nicht nur aus Quarrendorf an. Dazu trägt nicht zuletzt der Spielmannszug aus Schierhorn mit seiner flotten Musik bei

 

Und damit sind wir auch schon in den 80er Jahren. Sieht man einmal ab von dem 75jährigen Jubiläum ab, das wir jetzt feiern, so sind es zwei Ereignisse, die für die Quarrendorfer Feuerwehr in den letzten Jahren von Bedeutung sind: Die Sanierung des Dorfteiches und das neue Feuerwehrhaus.

 

Der Dorfteich war im Laufe der Jahre verschlammt, nahm nur wenig Wasser auf. Im Winter war eine Löschwasserentnahme oft unmöglich, weil der Teich zugefroren war. Nach jahrelangem Trommeln durch die Quarrendorfer Vertreter im Samtgemeinderat und durch Brandmeister Hartig wurde der Teich endlich entschlammt und 1984 eine frostsichere Löschwasserstelle eingebaut.

 

Das alte Gerätehaus am Babendörp war im Laufe der Jahrzehnte für die Feuerwehr zu klein geworden. Ein Anbau oder Ausbau erwies sich nach mehreren Überlegungen als nicht machbar. Darum bemühte sich die Quarrendorfer Wehr darum, im alten Schulhaus ein neues Zuhause zu bekommen. Nach langen, zähen Verhandlungen gab es 1986 grünes Licht von Samtgemeinde und Gemeinde. In viel Eigenarbeit bauten die Kameraden den früheren Stall und Schuppentrakt zu einem Gerätehaus um. Ein Bau, der sich harmonisch in das Dorfbild einfügt. Aus der ehemaligen Lehrerwohnung des Schulhauses wurde ein gemütlicher Gruppenraum für Schulungen und geselliges Beisammensein: Alles termingerecht fertig zum 75jährigen Jubiläum 1987. Die Quarrendorfer Feuerwehr kann gelassen in die Zukunft schauen.

 

Rolf Schriefer